Spezialitaeten Neapel

Multikulti-Metropole Neapel: Pizza, Kunst und Mafia-Mythos

“In Neapel weint man zweimal“, lautet ein berühmtes Sprichwort der Einheimischen. „Einmal, wenn man kommt und einmal, wenn man geht“. Dass sie recht haben, habe ich während einer Reise in die chaotisch-bunte Metropole in Süditalien schnell gemerkt.

Meine ersten Eindrücke: Mitten auf der Piazza Garibaldi im Zentrum Neapels stolpere ich aus dem Bus vom Flughafen Capodichino. Mittagshitze, Autohupen und Kindergeschrei benebeln mich. Ich suche den Zugang zur U-Bahn, finde ihn nicht, laufe im Kreis. „Signorina, Sie stehen direkt vor dem Eingang“, sagt ein junger Mann mit gegelten Haaren und Lederjacke. Richtig, nur ist das Schild kaum zu erkennen, in all dem blinkenden, lauten Chaos um mich herum. In der Unterführung stehen riesige bunte Schnecken aus Plastik, aus den Lautsprechern schallt Popmusik und vor dem einzigen funktionierendem Ticketschalter hat sich eine lange Schlange gebildet. Die Metro gibt es erst seit den 1990er Jahren, dafür haben die einzelnen Haltestellen schon einige Preise für ihr künstlerisches Design erhalten.

In Neapel ist alles Kunst: Die Metro, der Pizzateig, das Leben

Insgesamt 12 Stationen sind von modernen Künstlern gestaltet. Am eindrucksvollsten ist es, wenn ihr in „Toledo“ aussteigt. Ein Krater in der Decke lässt das Sonnenlicht kegelförmig in die mit blauen Mosaiken geflieste Station fallen und erzeugt dabei eine mystische Atmosphäre. Gleichzeitig porträtieren dunkle Figuren die Geschichte der Stadt und ihrer Schutzheiligen.

U-Bahnstation Toledo

Die Via Toledo ist die quirlige Fußgängerzone, in der viele Straßenkünstler um die Gunst der Flaneure buhlen. Zur Linken zweigen steile Gässchen ab. Jugendliche fahren mit ihren Motorinos umher, Wäsche hängt vor den bunten Hausfassaden, kleine Tische mit karierten Deckchen stehen vor einer Trattoria und über den Köpfen hängen Girlanden in Herzform. Die Quartieri Spagnoli sind eine ganz eigene Welt. Am besten, ihr klappt den Stadtplan zusammen und lasst euch einfach treiben. Dann entdeckt ihr die kleinen Wohnungen im Erdgeschoss, zu denen Türen und Fenster meist offen stehen. In den „Bassi“ genannten Einraumwohnungen sitzen drei Generationen an einem Tisch. Es riecht nach Pasta, im Hintergrund läuft der Fernseher. Vielleicht hört ihr Bruder und Schwester lautstark streiten, seht Vater und Sohn, die gemeinsam Neapels Fußballteam anfeuern oder eine junge Frau, die noch kurz Lippenstift aufträgt, um sich in das abendliche „Theater“ auf Neapels Plätzen zu begeben. Die Neapolitaner lieben Drama, sei es im Fernsehen oder die Liebesgeschichte der Nachbarin. Kein Wunder, dass hier 1621 das erste Opernhaus Europas gebaut wurde. Seit der Renovierung 1731 heißt es Real Teatro di San Carlo. Der prunkvolle Bau an der zentralen Piazza del Plebiscito nahe der Uferpromenade war lange Zeit die angesehenste Oper der Welt und rangierte in der Gunst der Zuschauer noch vor der Mailänder Scala.

Wenn ihr statt klassischer Arien lieber moderne Kunst anschaut, ist ein Besuch des Museum MADRE ein Muss. Seit 2005 zeigt es in einem eleganten weißen Palazzo Konzeptkunst und Transavantgarde. Wie die Stadt, sind auch die Licht- und Videoinstallationen sowie die zahlreichen Bilder und Mosaike ein buntes Durcheinander.

Neapel – die Geburtsstadt der Pizza 

Neapel begeistert – doch ab und zu brauche ich auf meiner Reise durch das lebensfrohe Chaos eine Pause. Meine Pizza-Pause. Ein eindrucksvolles Beispiel für die Pizza-Kunst ist die Pizzeria Gino Sorbillo im historischen Zentrum. Alle 14 Kinder des Gründers wurden selbst Pizzabäcker.

Pizza, beliebtes streetfood in Neapel

Für viele Neapolitaner ist die einzig wahre Pizza immer noch die einfache Margherita. Darauf besinnt sich auch die berühmteste Pizzeria Da Michele, hier speiste schon Julia Roberts im Film „Eat Pray Love“. Zur Auswahl stehen nur die Klassiker Margherita und Marinara (ohne Käse, dafür mit viel Knoblauch). Die runde Spezialität wird in den meisten Pizzastuben vor den Augen der Kunden frisch zubereitet. Dabei fliegt der Teigbatzen des Öfteren spektakulär durch die Luft, bevor er mit fruchtiger Tomatensoße und Büffelmozzarella belegt in den Holzofen wandert.

„Pizzabäcker kann man nicht lernen, als Pizzabäcker wird man geboren“

Eine typisch neapolitanische Pizza ist saftig-weich mit einem dicken Rand. Wenn ihr es wie die Einheimischen machen wollt, sind Messer und Gabel überflüssig. Die Pizza wird in Viertel geschnitten serviert. Ihr nehmt euch ein Stück, klappt die Enden zusammen und dann wird einfach abgebissen. Die Pizza war einst ein Versuch der armen Bevölkerung, aus wenigen Zutaten etwas schmackhaftes zu zaubern. Nicht ohne Grund ist Neapel die Geburtsstadt der Pizza. 

Historische Schätze und atemberaubende Natur: So vielfältig wie die Stadt, ist die Umgebung

Neapel kann einen schnell überfordern. Nach drei Tagen bin ich „reif für die Insel“. Kein Problem, denn das mondäne Capri, die grüne Insel Ischia und das urige Eiland Procida stehen zur Auswahl. Ich entscheide mich für Letzteres. Etwa ein Stunde dauert die Überfahrt mit der Fähre. Schon vom Schiff aus erblicke ich von der Sonne verblichene Hausfassaden in den unterschiedlichsten Farben. Bärtige Männer, die an Holzbooten schrauben und Katzen, die faul in der Sonne liegen. Ich nehme einen steilen Aufstieg zum höchsten Punkt der Insel, bis ich ein kleines Kloster erreiche. Der Blick ist atemberaubend: Bunte Häuser kauern aneinander, feiner Sandstrand, glitzerndes Meer. Vor den schroffen Felsen schaukeln einzelne Jachten in der Sonne. An der Klostermauer wächst roter Mohn. Mehr gibt es hier nicht zu tun und das ist in diesem Moment genau das Richtige. Den Rest des Tages verbringe ich faul am Strand.

Für Sportliche ist der Wanderweg Sentiero degli Dei eine gute Möglichkeit, um die Natur an der Amalfiküste zu genießen. Vom ehemaligen Fischerdorf Bomerano führt der Weg nach Positano, dem Urlaubsort der italienischen Schickeria. In rund 600m Höhe geht es entlang der Steilküste, stets mit einer atemberaubenden Aussicht.

Wanderweg Sentiero degli dei

Wie haben unsere Vorfahren gelebt? Wenn euch die Frage interessiert, werdet ihr in den Ruinen von Pompeji eine Antwort finden. Bei einem Vulkanausbruch des Vesuvs 79 n.Chr. wurde die antike Stadt der Römer ausgelöscht und ihre Überreste durch die luftundurchlässige Lava besonders gut konserviert. Am letzten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei, aber die Schlangen am Einlass sind auch doppelt so lang. Daher mein Tipp: Besucht die Ausgrabungsstätten von Herculaneum. Die Ruinen liegen von Neapel aus gesehen auf halber Strecke nach Pompeji und sind noch besser erhalten. In dem kleinen Areal findet ihr zum Beispiel zweistöckige Villen aus der Antike, die mit originalen Mosaiken verziert sind.

Ruinen von Pompeji


Neapel ist nichts für schwache Nerven. Doch wer sich auf die Gesetze der Stadt einlässt, immer ein Buch dabei hat, falls der Bus nicht kommt, sich durch die zahlreichen Spezialitäten probiert und von gut gelaunten Baristas einen dampfenden Kaffee serviert bekommt, wird beim Abschied eine Träne verdrücken.


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