urlaub auf lanzarote

Rock ‘n’ Roll auf Lanzarote: Mit dem Rollstuhl die Insel erkunden

Mein Mann und ich sind schon hellwach und ziemlich aufgeregt, als es frühmorgens um drei zum Flughafen München geht: Unser erster Urlaub mit FTI seit drei Jahren und dem neuen Begleiter meines Mannes, dem Rollstuhl. Wir werden wieder in einem ganz normalen Hotel wohnen und wollen die Insel individuell erkunden. Ob uns das gelingt?

Nach einem entspannten Flug dank Gratis-Upgrade auf Sitze mit genügend Beinfreiheit für unseren Rollifahrer wartet in Lanzarote schon das komfortable Rollstuhltaxi auf uns. Die Fahrt zum Hotel dauert nur zehn Minuten und unser barrierefreies Zimmer im „Barcelo Occidental Lanzarote Playa“ ist auch schon bezugsfertig: Ein halber Tanzpalast mit befahrbarer Dusche und tollem Meerblick. Zukünftig stehe ich jeden Morgen freiwillig um 6.30 Uhr mit der Kamera auf der Terrasse, um keinen der farbenfrohen Sonnenaufgänge zu verpassen.

sonnenaufgang

Tipps zur Suche nach einem barrierefreien Hotel

Bei der Buchung war mir das Reisebüro eine große Hilfe. Es wurde eine recht lange Liste mit Hotels erstellt, die auch für Rollstuhlfahrer geeignet sind – sprich breite Türen, eine geeignete Badausstattung etc.. Diese sind wir gemeinsam durchgegangen und haben eine erste Vorauswahl getroffen. Wir haben auch eine Liste für den Hotelier ausgefüllt, damit er ebenfalls unsere individuellen Bedürfnisse kennt. Auch für Hotels ist es eine unangenehme Situation nicht gut vorbereitet zu sein – teilt eure Wünsche lieber vorher mit! Bei uns hat das super geklappt, auch an den verstellbaren Badehocker wurde gedacht. Achtet unbedingt auch an die Lage des Hotels. Das Barcelo Occidental Lanzarote Playa liegt direkt an der Promenade und der Bushaltestelle in Costa Teguise. 

Anmerkung der Redaktion:
Nochmal ein kleiner Hinweis zum Transfer, der bei den meisten Pauschalreisen inklusive ist: Sofern ihr selbst in den Bus einsteigen könnt und euer Rollstuhl faltbar ist, könnt ihr den normalen Shuttletransfer nutzen. Ansonsten könnt ihr einen Privattransfer (meist ein Bus mit Rampe) kostenpflichtig hinzubuchen. Wie bereits von Marie gesagt, ist es wichtig, dass ihr vor der Buchung Bescheid gebt, welche Bedürfnisse ihr habt. Es wird dann eine Anfrage an das Hotel geschickt, um sicherzugehen, dass vor Ort alles klappt und ihr einen sorgenfreien Urlaub verbringen könnt. 

Weitere Hoteltipps für die Kanaren: Las Costas, Lemon & Soul Cactus Garden, Iberostar Playa GaviotasIberostar Fuerteventura PalaceSBH Costa Calma Beach oder das LABRANDA Playa Bonita

Rollstuhlgerechte Sehenswürdigkeiten und Angeboten auf Lanzarote

1. Inseltour on Road

Nachdem wir die vielen Angebote und Pools des großzügig und rollstuhlfahrerfreundlich angelegten Hotels inspiziert und uns genügend ausgeruht haben, wartet auch schon mein Geburtstagsgeschenk auf mich: Eine geführte “Inseltour on road” mit einem Vintage-Buggy.

Urlaub mit Rollstuhl

Ein echtes Design-Highlight sind die Canarian Firebird On-Road-Buggies, bei denen allerdings nur die Optik „Vintage“ ist: Das Vögelchen fliegt mit moderner Technik und ordentlich PS unter dem Bürzel über die Straßen durch die wilde Vulkanlandschaft und entlockt uns kindliche Begeisterungsjauchzer.

Nach dem entspannten Abschluss der aufregenden Tour in einem kleinen Fischrestaurant in El Golfo, das direkt am Meer liegt, wissen wir: Das war großartig und muss unbedingt wiederholt werden! Mein Geheimtipp für alle, die mal abseits der Touristenpfade wie Tilda Swinton in „A Bigger Splash“ über die Insel cruisen wollen. 

Tourguide Christian hat unsere Exkursion vorher rollstuhlgerecht abgestimmt und versorgt uns uns gleich neben einem outdooraffinen Rollstuhl auch mit tollen Tipps, damit mein Mann bei allen Sehenswürdigkeiten mit dabei sein kann.

lanzarote

2. Shop: Life keeps rolling on

Die Aussteiger Christiane und Christian von Campo Phoenix haben sich einen Traum erfüllt und im charmanten Ort Yaiza einen Shop eröffnet, den man in München vergeblich sucht. Das Motto „Life keeps rolling on“ kommt nicht von ungefähr: Designerin Christiane ist seit einem Sportunfall selbst auf den Rollstuhl angewiesen und macht aus der Not eine Tugend. Neben einer mit viel Herz und Geschmack selbstgestalteten Sportswearkollektion für den richtigen Look beim rollenden Insel-Abenteuer, findet man im Laden ein gutes Angebot zum Shopping für alles, was das Herz für Läufer und sportliche Rollifahrer höher schlagen lässt.

Ein Extraschmankerl für Rollifahrer stellt der MiAmigo dar – ein schnuckeliges, aber dennoch starkes Rollstuhlzuggerät (ein kleines Adaptivbike),  das von Franz Nietlispach (14-facher Goldmedaillengewinner der Paralympischen Spiele) entwickelt wurde und Unabhängigkeit ermöglicht, ein schönes Design und richtig Leistung mitbringt.Ein Muss für uns, wenn man auf einen Rolli angewiesen ist und auch mal Händchen haltend mit seinem Partner Lanzarote oder die Welt entdecken möchte. Ihr könnt ihn entweder kaufen oder auch nur mieten.

Hafen auf lanzarote

3. Öffentliche Busse: Guaguas

Unsere längeren Touren machen wir zusätzlich auch mit einem ganz anderen Fahrzeug. Überall auf Lanzarote fahren die robusten und günstigen Guaguas, die Überlandbusse, und sind, typisch für Lanzarote, mit einer Hub- oder Klapprampe für rollende Besucher ausgerüstet. Sollte die Rampe streiken, was schon mal vorkommt, fassen Busfahrer und Fahrgäste ungefragt mit an, um den gehbehinderten Fahrgast mitsamt seinem Vehikel wieder sicher aus dem Bus zu bekommen. Völlig ungewohnt für uns ist die Herzlichkeit und Selbstverständlichkeit, mit der auf Lanzarote Menschen mit Handicap empfangen werden. Sollte ein Guagua mal Verspätung haben oder ein Ort auf halber Strecke locken, was mehrmals passiert, nutzen wir gern die Zeit, die grandiose Landschaft und die Tapasbars in den Dörfern außerhalb der Touristenorte zu entdecken, unzählige Fotos zu machen und mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch zu kommen.

4. Rollstuhlfreundliche Sehenswürdigkeiten

  • Das Haus von Cesar Manrique – nur das Wohnzimmer in der Vulkanblase kann mit dem Rollstuhl nicht besichtigt werden. Dafür ist der Eintritt umsonst
  • Timanfaya-Park – es gibt einen Bus mit Rampe, der quer durch den Park fährt. Sportliche Rollifahrer können auch mit Hilfe aufs Kamel umsatteln. 
  • Los Hervideros und die Salinen
  • El Golfo und die tollen Fischrestaurants – hierzu mietet ihr euch am besten ein Auto oder ihr leiht euch ein Handbike und ein MiAmigo-Zuggerät aus.
  • Die großen Strände in Costa Teguise haben Holzrampen, Toiletten für Rollstuhlfahrer und während der Badesaison kann man dort Spezialrollstühle mit Ballonreifen für den Strand ausleihen
  • Schwer beeindruckt hat uns auch das Lebenswerk des Künstlers César Manrique, dessen eigenwillige und energiegeladene Kunst überall auf der Insel zu finden ist. Als Gärtnerin begeistern mich natürlich auch die vielen, wunderschönen Kakteen und riesigen Aloepflanzen, die überall die Steingärten schmücken und ich kann kaum widerstehen, mir nicht überall Ableger abzuzupfen. 

Als wir am letzten Urlaubstag auschecken, meint der Rezeptionist lachend: Auschecken? Warum? Bleibt doch einfach noch ein bisschen bei uns, hier ist es schön! Wo er recht hat, hat er recht…

Schnell ein letztes Mal bei herrlichem Sonnenschein die lange Strandpromenade in Costa Teguise gemeinsam entlang fahren und laufen, bevor uns wieder das Rollstuhltaxi abholt und gleich direkt beim Mobility Service am Flughafen Arrecife abliefert. Wir müssen nicht lange anstehen, sondern werden in Begleitung des netten Servicepersonals direkt durch die Abfertigung gelotst und pünktlich zum Boarding mit anderen Gästen im Rollstuhl in den High Loader begleitet. Dieses Spezialfahrzeug hat eine Hubkabine, die direkt an der Kabinentür andockt. Von da aus heißt es dann Abschied vom eigenen Rollstuhl und leider auch Lanzarote nehmen, wo wir sieben sonnige, sportliche und aufregende Tage verbringen durften. Unsere kleine Reise war nicht nur erholsam, sondern hat uns auch Mut gemacht, bald wieder zu kommen, denn so viel Komfort, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit haben uns einfach gut getan.

So konnten wir wenigstens in unseren Herzen noch ein bisschen Sonne ins regnerisch-kühle München mit zurücknehmen und die Gewissheit, dass ein Rollstuhl kein Hindernis auf Reisen sein muss, besonders, wenn alles so perfekt für uns organisiert ist, wie in diesem Urlaub. Ein großes Dankeschön an alle, die das möglich gemacht haben!