Blick auf einen Tempel im Geshichtspark Sukhothai

Warum ich Sukhothai lieber mag als den Königspalast in Bangkok

Bangkok ist eine Stadt voller Gegensätze. Vor dem zwanzigstöckigen Nobelhotel räuchert eine Garküche vor sich hin, Polizisten versuchen wild gestikulierend den Verkehr zu entwirren, eine Business-Lady nimmt das Handy vom Ohr, zieht die Schuhe aus, zündet ein Räucherstäbchen an und betet am Erawan-Schrein.

Bangkok sollte für jeden Thailandbesucher ein Muss sein. Und eine Besichtigung des Königspalastes ist dabei nicht wegzudenken – wobei mein eigentliches Highlight Sukhothai ist. 

Nur wenige Besucher werden wissen, dass der Palast in Bangkok bereits der vierte Sitz der siamesischen Könige ist: Sukhothai und Ayutthaya mussten aufgegeben werden, weil die Burmesen den größten Teil Zentralthailands erobert hatten. Thonburi war nur kurz Königssitz, da der damalige König Taksin den Bau des heutigen Palastes schon 15 Jahre nach der Zerstörung Ayutthayas beschloss.

Wer viel Zeit hat, sollte sich alle vier Stätten ansehen. Für mich persönlich, so eindrucksvoll sie auch alle sind, bleibt vor allem der Geschichtspark Sukhothai einer der faszinierendsten Orte der Welt.

Der berühmte Königspalast in Bangkok

Hier ist in großer Pracht alles zu sehen, was Thailand über die Jahrhunderte seit der Ayutthaya-Epoche an Kunst, Kultur und Religion hervorgebracht hat. Bewacht von martialischen Geistern passiert man Tempel, Chedis, Stupas, Paläste, Dämonenabbildungen und wunderschöne Wandmalereien im Minutentakt. Eine Orgie aus Farben, Gold, Keramik. Einer der Höhepunkte ist ganz sicher das Wat Phrao Kaeo mit dem berühmten Smaragd-Buddha.

Und da er unbestritten die Hauptattraktion des Palastes ist, habe ich mich immer gefragt, was diesen überraschend kleinen Buddha so besonders macht.

Auf mich wirkt er, vielleicht wegen des kühlen Materials, übrigens Jade und nicht Smaragd, ein wenig abweisend. Aber vielleicht fehlt mir dafür ein wenig die thailändische Seele. Jedenfalls hat der kleine Buddha eine lange Odyssee hinter sich: Der Legende nach wurde er mit göttlicher Hilfe in Indien geschaffen und gelangte über Sri Lanka, Java, Burma und Angkor nach Thailand.

Aber auch dort musste er immer wieder umziehen bis er seit jetzt zweihundertfünfzig seinen Platz im Wat Phra Kaeo gefunden hat.

Königspalast in Bangkok

Um den Tempel herum sind einige Wandelgänge gruppiert, in die man sich zurückziehen und dem Trubel entfliehen kann. Sie sind geschmückt mit Wandmalereien, die Szenen aus dem Leben Buddhas oder der hinduistischen Götterwelt darstellen. Meist sind sie nicht erläutert, sodass man seiner Fantasie, gepaart mit Halbwissen, freien Lauf lassen kann.

Beeindruckend ist es allemal, wenn der indische Gott Vishnu, Buddha als Krieger mit seinem weißen Elefanten, geheimnisvolle Landschaften in ganz ungewohnten Perspektiven oder wunderschöne Frauen am Betrachter vorbeiziehen. Eigentlich nur ein kleines Detail im Großen Palast, aber ein sehr liebenswertes.

Eines ist ganz sicher: Man ist nicht alleine dort. Das ist auch der Grund, warum ich Sukhothai lieber mag als den Königspalast in Bangkok. Obwohl Sukhothai längst ein etabliertes und gut besuchtes Ziel Kulturinteressierter ist, geht es dort noch immer um einiges beschaulicher zu. Dadurch kann man die mystische Atmosphäre, die die altertümlichen Tempelanlagen umgibt, noch viel deutlicher wahrnehmen.

Der Zauber vergangener Epochen: Geschichtspark Sukhothai

Der Geschichtspark von Sukhothai umfasst die Ruinen der „Alten“ Stadt, des Königspalastes innerhalb der Stadtmauern und die der ehemals außerhalb der Stadtmauern besiedelten Gebiete. Insgesamt ist die Anlage ca. 20km² groß.  Um sie zu umrunden, muss man schon mindestens 15km zurücklegen. Da innerhalb dieses Areals dann auch noch beinahe zweihundert Tempelruinen verteilt sind, ist es völlig illusorisch, wirklich alles anschauen zu wollen. Und man bräuchte ein Elefantengedächtnis, um sich dazu noch die ganzen Namen und Hintergründe zu merken.

Am besten ist es, sich einfach treiben zu lassen. Nehmt die besondere Atmosphäre dieses Ortes mit allen Sinnen wahr, atmet den Zauber einer vergangenen Epoche und erlebt die Faszination des Buddhismus. Und tut das allein oder mit der oder dem Liebsten. Ihr werdet immer einen Platz finden, an dem ihr mehr oder minder für euch seid und auf einer Tempelmauer sitzend die Ruhe genießen könnt. Jede Führung, so informativ sie auch sein mag, wird zerreden, was dieser Ort an Sinnlichkeit vermitteln kann, wenn man ihn einfach auf sich wirken lässt.

Parkanlage Sukhothai

Die beste Zeit, den Park zu besuchen, ist morgens oder am späteren Nachmittag. Dadurch entgeht man mit großer Wahrscheinlichkeit dem Andrang von Reisegruppen, erlebt die Bauwerke in einem besonderen Licht und vermeidet die Mittagshitze.

Die Alte Stadt ist vom Haupteingang nicht weit entfernt und nach einem kurzem Spaziergang erreicht. Ihr Mittelpunkt sind die Ruinen des Palastes und des buddhistischen Tempels Wat Mahathat. Um sie herum gruppieren sich alle anderen Bauwerke. Unter ihnen befinden sich mehrere, die bereits entstanden sind, als Sukhothai zum Angkor-Reich gehörte und noch nicht Sitz der Könige von Siam war. Das Angkor-Reich war zu dieser Zeit hinduistisch und deshalb gibt es in Sukothai auch einige Tempel, die im Stil der berühmten Tempelanlage Angkor in Kambodscha errichtet wurden.

Und so finden sich in unmittelbarer Nachbarschaft Tempel, die nicht nur Buddha, dem Erleuchteten, gewidmet sind – sondern auch Vishnu, dem hinduistischen Zerstörer und Shiva, dem hinduistischem Bewahrer.

Statue im Sukhothai Geschichtspark

Natürlich ist und bleibt Sukhothai aber vor allem ein Ort des Buddhismus und der Huldigung Buddhas. Die Darstellungen des Religionsstifters in Sukhothai haben etwas Besonderes: Es ist ein weicher, zierlicher, fast weiblicher Buddha mit Dutt und lang gezogenen Ohren (Angeblich deshalb, weil Siddhartha gerne Ohrringe trug. Aber das ist wohl eher nicht ganz ernst zu nehmen).

Und, ich weiß nicht, ob Historiker das bestätigen würden, aber der Sukhothai-Buddha ist immer ein Gütiger. Seine Botschaften sind Wunschgewährung, Lehre, Erdberührung und Meditation – ich kann mich nicht erinnern, in Sukhothai einen Buddha in Droh- oder Bannungsgeste gesehen zu haben.

Spektakuläre Tempel und traditionelle Thai-Dörfer

Für den Besuch der Außenbereiche sollte man sich am Haupteingang ein Fahrrad ausleihen. Sie sind zwar etwas klapprig, erfüllen aber ihren Zweck. Es ist ein einmaliges Erlebnis, zwischen völlig verfallenen Ruinen, spektakulären Tempeln und kleinen Häusern das ländliche Leben zu erleben. Zwischendurch begegnen einem ein paar Rinder in den „Steinresten“, ein Tempel, den man unbedingt besteigen oder begehen will. Aber auch hier gilt, lasst euch einfach treiben.

Noch ein Satz zur neuen Stadt Sukhothai – auch wenn sie in den letzten zwanzig Jahren ein wenig an Charme verloren hat, ist sie immer noch einen Besuch wert. Oder leiht euch ein Fahrrad aus und fahrt Richtung Norden am Yong River entlang. Eine Tour durch kleine Thai-Dörfer, wo man Flüsse über Hängebrücken überquert und den Fischern bei der Arbeit zusehen kann, ist ein großes Vergnügen. Man kann sicher sein, Beachtung bei den Thais zu finden.

Die Kinder werden begeistert über die Verrückten sein, die dort mit dem Fahrrad die Holperwege entlang fahren. Die Erwachsenen begrüßen mich freundlich-belustigt oder auch mit unbewegten Gesichtern.

Kühe im Sukhothai Geschichtspark

Falls ihr euch verfahren solltet, wird jedenfalls immer eine hilfreiche Seele da sein, die euch weiterhilft. Sehenswert ist auch ein kleines Kloster in der Nähe des Flusses, in dem ein kleiner Skulpturenpark das Leben und die Lehren Buddhas zeigt. Eingerichtet wurde er von den Mönchen des Klosters, um den analphabetischen Bauern ihre Religion zu veranschaulichen. Im Vordergrund stehen hier allerdings nicht Weisheit und Güte, sondern ein Strafenkatalog für all die Sünder, die Buddhas Lehre nicht befolgen.

Begegnungen mit Einheimischen im Geschichtspark Si Satchanalai

Nur 50km von Sukhothai entfernt liegt der ebenfalls zum Weltkulturerbe gehörende Geschichtspark Si Satchanalai. Er ist wesentlich kleiner als der große Bruder Sukhothai, aber bestimmt nicht weniger spektakulär. Si Satchanalai diente im Wesentlichen als Residenz der Thronfolger Siams zu Zeiten der Sukhothai-Ära. Die alte Stadt ist von hohen, wehrhaften Mauern umgeben, weitläufig angelegt und wunderschön begrünt.

Geschichtespark Si Satchanalai

Der Begriff „Geschichtspark“ passt hier selten gut – ein Park, in dem die Bauwerke nicht dominieren, sondern sich harmonisch in die Anlage einfügen. Weite Blicke auf die Chedis und Tempel, eingerahmt in mit Blumen bepflanzten Grünflächen, und überall Vogelgezwitscher. Haupttempel innerhalb der Stadt ist der Wat Chang Lom, dessen Grundmauern von ursprünglich neununddreißig lebensgroßen Elefanten gebildet wurden. Sie sind allerdings schon etwas in die Jahre gekommen.

Touristen verirren sich selten hierher. Die Einheimischen haben die Oberhand und spazieren entspannt durch die Anlage. Manchmal begegnet man auch Schulklassen beim praktischen Geschichtsunterricht. Aber sie sind auf die Farangs (Ausländer) vorbereitet.

Und plötzlich ist man von uniformierten Kindern umringt, jedes ein Stück Papier in der Hand. Auf den Zetteln sind Fragen oder Aufgaben in Englisch notiert: „Bist du zum ersten Mal in Thailand?“ Oder: „Kennst du die Suppe Tom Yang Gung?“ Aber es kann einen auch hart treffen, wenn „Bitte sing’ mir einen Beatles-Song vor“ zu lesen ist. Und wenn ich dann in die offenen, strahlenden Gesichter schaue, weiß ich ganz genau, warum ich Thailand liebe.

Wenn euch das Fernweh gepackt hat, findet ihr bei uns passende Angebote für euren Thailand-Urlaub. Viel Spaß beim Stöbern 🙂